VDI-Leitung wird in Offenem Brief um Korrektur des Anhörungsverfahrens gebeten
Am 24. August 23 soll die nächste Anhörung zu Einsprüchen gegen die Entwürfe der „Toilettenrichtlinie“ VDI 6000 als Videokonferenz stattfinden. Dieses Mal geht es um Blatt 7 zu öffentlichen Sanitärräumen.
Schon das Einladungsschreiben des VDI dazu macht deutlich, dass diese Veranstaltung ähnlich wie die letzte Anhörung zu den Blättern 1 und 4 geplant ist: Auch dieses Mal sollen nur technische Argumente von Belang sein, da es sich bei einem technischen Regelsetzungsverfahren nicht um einen Prozess der Meinungsbildung in der allgemeinen Öffentlichkeit handele, so der VDI. Den VDI-eigenen Standards zufolge müsste sich der Richtlinien-Ausschuss aber mit den tatsächlichen Inhalten der eingelegten Einsprüche auseinandersetzen.
Offener Brief an VDI-Leitung: Anhörungsverfahren in Einklang mit VDI-Grundsätzen bringen
Geschlecht zählt bittet die Leitung des VDI deshalb in einem weiteren Offenen Brief, den laufenden Einspruchs- und Anhörungsprozess auf seine Übereinstimmung mit den VDI-Grundsätzen und -Standards zu überprüfen und dementsprechend zu korrigieren. Der Brief enthält eine detaillierte und kommentierte Aufstellung der missachteten VDI-Prinzipien.
Die Richtlinie hat gesellschaftliche und politische Relevanz
In der Einladung wird erneut ignoriert, dass die VDI 6000 „Sanitärtechnik – Sanitärräume“ in ihrer geplanten Neufassung eine Richtlinienreihe ist, die sich nicht ausschließlich mit Technik im Sinne einer Regel der Technik befasst. Sie hat vielmehr auch gesellschaftliche und politische Relevanz, weil in den Entwürfen u.a. empfohlen wird, nicht mehr wie bislang „von einer binären, paritätischen Geschlechteraufteilung“ auszugehen, die Sanitärräume in Frauen-, Männer- und barrierefreie Toiletten gliedert. Stattdessen seien öffentliche Sanitärräume künftig grundsätzlich so zu gestalten, dass eine geschlechtsunspezifische Nutzbarkeit gegeben ist.
Damit werden grundlegende inhaltliche und strukturelle Änderungen an der Richtlinie vorgenommen, mit denen sich der VDI gesellschaftspolitisch explizit im Sinne der Lobbyorganisation Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti e.V) für sog. Unisextoiletten positioniert. Welches Gefahrenpotenzial es für Frauen und Mädchen birgt, wenn sie sich Sanitärräume mit Männern und Jungen teilen müssen, wird schlichtweg ignoriert. Genau auf diesen Sachverhalt bezieht sich aber der Großteil der Einsprüche.
Indem der VDI den Einsprecherinnen und Einsprechern vorgibt, dass sich in der Anhörung nur auf technische Argumente zu beziehen sei, nimmt er den eigentlichen Inhalt der Einsprüche von den Anhörungen aus. Damit missachtet er nicht nur berechtigte Anliegen, sondern auch seine eigenen Standards für die Richtlinienarbeit in der VDI 1000 und seine „Ethischen Grundsätze des Ingenieurberufs“.
Um welche VDI-Grundsätze geht es?
Bei den nicht berücksichtigten Prinzipien geht es um die folgenden:
Aus der VDI 1000 – VDI-Richtlinienarbeit. Grundsätze und Anleitungen
- „Durch das Einspruchsverfahren wird der breiten Öffentlichkeit die Möglichkeit zur Einflussnahme gegeben.“
- „VDI-Richtlinien dürfen nicht im Widerspruch zu Rechtsvorschriften stehen …“
- „Die VDI-Richtlinienarbeit dient dem Nutzen der Allgemeinheit.“
- Es muss ein aktueller Bedarf für die Richtlinie oder Richtlinienänderung bestehen.
Aus den Ethischen Grundsätzen des Ingenieurberufs:
- „Sie [die Ingenieurinnen und Ingenieure] achten Recht und Gesetze des Landes, in dem sie tätig sind …“ und deren Einklang mit internationalen Konventionen.
- Werte wie Sicherheit, Gesundheit, Persönlichkeitsentfaltung und Gesellschaftsqualität sowie daraus möglicherweise resultierende Konflikte sind zu beachten.
- „Ingenieurinnen und Ingenieure achten die universalethisch anerkannte Rangfolge: Menschenrechte und Umweltschutz vor Nutzenerwägungen, öffentliches Wohl vor privaten Interessen und hinreichende Sicherheit vor Wirtschaftlichkeit und bloßer Funktionalität.“
Eine ausführlich kommentierte Aufstellung der missachteten VDI-Grundsätze findet sich im Anhang zum Offenen Brief.